Bat El Katorza erkrankte an Krebs und wurde von einem Tag auf den anderen völlig abhängig von anderen. Zu Ehren des Internationalen Tages der Menschen mit Behinderungen brachte Bat El ihre tiefsten Gefühle in einem sehr persönlichen und ergreifenden Artikel zum „Ausdruck.
„Vor vier Jahren erkrankte meine Mutter an Brustkrebs. Ich entschied mich daraufhin, einem Gentest yu unteryiehen, und entdeckte, dass ich das BRCA-Gen trage [für Menschen mit diesem Gen besteht ein erhöhtes Risiko an Krebs zu erkranken]. Ein Jahr später fand eine MRT-Untersuchung drei Klumpen. Ich testete weiter, aber das Ergebnis war eindeutig – ich hatte Krebs. Mit allen Implikationen, die das Wort mit sich bringt.
„Ich ging den ganzen Weg – eine vollständige Mastektomie und Rekonstruktion, Eizellentnahme und Embryoeinfrieren. Vor so ziemlich genau zwei Jahren, am 23. November 2020, habe ich meine letzte Chemotherapie abgeschlossen. Nach 11 Monaten Rehabilitation und Therapie bin ich letzten Mai vor einem Jahr wieder arbeiten gegangen. Während des gesamten Krankenhausaufenthaltes war ich auf einen Rollstuhl angewiesen. Ich konnte nicht gehen und konnte meine Hände nicht einmal für die einfachsten Dinge benutzen. Mein Mann hat mich fast anderthalb Monate gebadet. Plötzlich entdeckte ich, dass jede kleine Bewegung, die sonst so leicht von der Hand ging, nicht mehr wie selbstverständlich ausgeführt werden konnte. Chemotherapie-Behandlungen lösen sehr schwere Nebenwirkungen aus, und selbst heute, zwei Jahre danach, spüre ich noch immer die Nachwirkungen. Das Leben ändert sich. Im Handumdrehen wird man völlig abhängig von der Wohltätigkeit anderer.

„Ich ging zurück zur Arbeit und in der ersten Schule, in die ich kam, schaute mich unser Programmkoordinator und war total schockiert. Als er mich das letzte Mal gesehen hat, hatte ich lange Haare. Jetzt kam ich kahlgeschoren an.
„Ich sprach vor 300 Schülern und erinnerte mich an die Worte von Doron Almog (Gründer und Vorsitzender von ADI Negev-Nahalat Eran): ‚Nichts hält ewig‘, und sagte ihnen, dass ich jetzt, zum ersten Mal in meinem Leben, mich genau so fühlte. Sie stellten mir Fragen wie ‚Wie ist es, sich im Rollstuhl fortzubewegen?‘ oder ‚Wie haben die Leute auf der Straße auf deine Glatze reagiert?‘ Ich teilte mit ihnen die Worte der OP-Schwester, die mich ermutigte, mich nicht zu schämen, und noch meinte, dass, obwohl jetzt alles grau aussieht, die Farben zurückkehren würden. Die Krankheit wird die nächsten Jahre ein Teil von mir sein, aber ich werde stärker aus dieser herausfodernden Zeit meines Lebens hervorgehen.
Schon vor meiner Krebserkrankung fühlte ich mich der Philosophie von ADI nahe, doch jetzt merke ich, wie ich sie mehr denn je auf mein eigenes Leben anwenden kann. Die Unabhängigkeit, die mir von einem Tag auf den anderen genommen wurde, die Fähigkeit, alleine zu duschen und von anderen abhängig zu sein. Was Menschen mit Behinderungen täglich durchmachen – ich hatte das Gefühl, sechs Monate lang einen sehr guten Einblick bekommen zu haben, was es bedeutet, mit einer Behinderung zu leben; Tag für Tag bin ich unendlich dankbar, körperlich und geistig wieder gesund zu sein.
Für mich ist der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung kein Tag im Jahr. Für mich ist es jeder Tag im Jahr. Ein Mensch mit Behinderungen lebt mit diesen Behinderungen nicht ein Mal im Jahr, er lebt mit ihnen sein ganzes Leben lang. In gewisser Weise mindert die Tatsache, dass Menschen mit Behinderungen an einem bestimmten Tag oder in einem bestimmten Monat besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird, die Herausforderungen, mit denen Menschen mit Behinderungen das ganze Jahr über leben müssen. Für eine Person mit psychischen Erkrankungen können die Schwierigkeiten sogar noch heikler sein, da ihre Behinderung nicht immer offensichtlich ist und die Menschen nicht verstehen, warum sie möglicherweise Hilfe benötigt.
Wird genug getan? Alles hängt von der Bildung ab. Veränderung kann nicht dadurch bewirkt werden, dass man nur darüber spricht. Wir müssen Bewusstsein schaffen, über Behinderungen unterrichten, Schüler mit Menschen mit Behinderungen in Kontakt bringen und gemeinsame Aktivitäten anbieten. Wir müssen das Thema zugänglich machen und ein inklusives Gemeinschaftsleben etablieren.
Ich bin derzeit im neunten Schwangerschaftsmonat nach einer Kinderwunschbehandlung und bin natürlich sehr aufgeregt. Man könnte sagen, dass dies mein ganz privates Wunder ist. Mein voraussichtlicher Termin ist die erste Nacht von Chanukka.
Als Teil des von ADI geleiteten „Tikkun Olam“-Programms lernen Schüler in Israel, den „Anderen“ und das Andersartige als untrennbaren Bestandteil der Gesellschaft zu sehen. Das Programm umfasst unter anderem Vorträge, Spezialfilme, erlebnisorientierte Studientage, integrative Tagesausflüge im ganzen Land und Gemeinschaftsveranstaltungen zur Sensibilisierung und Förderung der Rechte von Menschen mit Behinderungen. ADI bietet Kindern und Erwachsenen mit diversen Arten von Behinderungen medizinische und rehabilitative Versorgung auf höchstem Niveau. ADI-Zentren werden unter der Schirmherrschaft des Gesundheitsministeriums, des Bildungsministeriums und der Abteilung für die Betreuung von Menschen mit kognitiven Entwicklungsstörungen im Ministerium für Wohlfahrt und soziale Dienste betrieben.
In Israel leben über 1,5 Millionen Menschen mit Behinderungen, was etwa 1,7 % der Gesamtbevölkerung ausmacht. Davon sind etwa 270.000 Kinder unter 17 Jahren. Die häufigsten Behinderungen sind körperlich und kognitiv. Nahezu die Hälfte der Menschen mit Behinderungen sind im erwerbsfähigen Alter (20-67). Es gibt mehr als eine Art von Behinderung und die Zahl der Menschen mit Behinderungen steigt proportional zum fortschreitenden Alter.
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Bat El Katorza Cohen (34) war in den letzten sieben Jahren Direktorin des „Tikkun Olam“-Programms von ADI. Tikkun Olam ist ein Bildungsprogramm, das darauf abzielt, die Art und Weise, wie junge Leute Menschen mit Behinderungen sehen und mit ihnen umgehen, zu verändern. Das Tikkun-Olam-Programm ist in 230 Schulen in ganz Israel aktiv, einschließlich Sonderschulen.
Dieser Artikel erschien erstmals am 1. Dezember 2022 in der Zeitschrift „At“ auf Hebräisch