Ein Einblick in die Welt der Schwerstbehinderung

Der menschliche Geist verfügt über vielfältige Bewältigungsmechanismen. Einer davon ist es, sich davon zu überzeugen, dass das «mir nicht passieren kann». Es gibt viele Themen, die aus diesem Grund auch möglichst gemieden werden, denn wer sich mit ihnen auseinandersetzt, stellt schnell fest: doch, genau das kann jedem passieren.

Behinderung und insbesondere Behinderungen bei Kindern ist so ein Thema. Es macht Angst, man will lieber nicht hinsehen.

Doch bei ADI Israel haben wir einen anderen Ansatz: «auch dies gehört zum Leben und jedes Leben ist lebenswert – wenn man es denn auch als solches angeht».

Bei ADI Israel werden schwerstbehinderte Kinder und junge Erwachsene in vier Einrichtungen betreut. Sie brauchen rundum Pflege, Tag und Nacht, und meist spezielle medizinische Geräte.

Die Gründe dieser Behinderungen sind vielfältig, geben jedoch Einblick in eine Welt, die den meisten zwar sehr fremd und weit entfernt vorkommt, die jedoch in Wirklichkeit die Realität von ganz gewöhnlichen Menschen darstellt. Eben wie du und ich. Dieser Artikel soll darüber informieren, was zu schweren geistigen und körperlichen Behinderungen führt. Dazu wurde die leitende Krankenschwester Ricki zu diesem Thema befragt.

In den Wohneinrichtungen von ADI leben Babys, Kinder und junge Erwachsene mit den schwersten Behinderungen im Land. Sie sind auf ständige medizinische Versorgung angewiesen. Die meisten der Bewohner haben insbesondere Atemprobleme und müssen daher stets künstlich mit Sauerstoff versorgt werden. Viele werden auch künstlich ernährt. Ricki erklärt, dass man die Bewohner grob in drei Gruppen unterteilen kann:

Die Zerebralparese

60% der Bewohner von ADI leiden unter einer ausgeprägten Form der Zerebralparese. Die zwei Hauptgründe für dieser Schädigung des Gehirns sind eine Frühgeburt oder Komplikationen bei der Geburt.

Bei einer Frühgeburt in den Wochen 24 bis 34 sind die Lungen des Babys noch nicht richtig entwickelt. Daher kommt es schnell dazu, dass nicht genügend Sauerstoff ins Gehirn gelangt. Ohne eine ausreichende Sauerstoffzufuhr sterben Gehirnzellen schnell ab. Da das Gehirn alle Funktionen des Körpers steuert, kommt es daher zu schweren Behinderungen, wenn das Gehirn geschädigt wird.

Geburtskomplikationen können eine verzögerte Geburt (das Kind bleibt zu lange im Geburtskanal) sein, oder zum Beispiel, wenn die Nabelschnur vor dem Kopf liegt und daher gequetscht wird (kein Blut und daher keine Sauerstoffzufuhr) oder wenn es zu einer Ablösung der Plazenta und daher zu starken Blutungen kommt. In all diesen Fällen wird die Sauerstoffzufuhr zum Gehirn für zu lange unterbrochen, was wiederum zu einer Schädigung des Gehirns führt.

Kinder, die mit einer schweren Form der Zerebralparese zur Welt kommen (geistige Funktionen, als auch physische Funktionen betroffen), können sich meist nur bedingt bewegen, viele sind blind, taub oder beides. Trotzdem haben sie eine normale Lebenserwartung. Ihre Fähigkeit, Emotionen zu erleben, ist wie bei einem nichtbehinderten Menschen. Es ist ADI deshalb ein Anliegen, diesen Kindern und Erwachsenen ein erfülltes Leben zu schenken und sich ihnen liebevoll zuzuwenden.

Genetische Krankheiten

20-25% der Bewohner von ADI leiden an einer Krankheit oder einem Syndrom, das genetisch bedingt ist. Die meisten Leute denken da sofort an vererbbare Krankheiten. Und zum Teil stimmt dies auch, doch dank der medizinischen Fortschritte in den letzten Jahren, können viele erbliche genetische Krankheiten durch Gentests festgestellt werden und dann durch eine Analyse der Embryonen und eine IVF-Behandlung umgangen werden. Es gibt jedoch auch erbliche genetische Krankheiten, für die das betroffene Gen noch nicht bekannt ist.

Unter anderem gibt es bei ADI Kinder mit erblichen Krankheiten wie der T-Sachs Krankheit, der Canavan Krankheit oder Zellweger Syndrom. Bei T-Sachs führt eine progressive Schädigung der Nervenzellen im Gehirn und in der Wirbelsäule zu einem Verlust der Motorik, dann zu einem Verlust des Hörvermögens bis hin zu einem einer kompletten Lähmung aller Muskeln. Die Krankheit macht sich zum ersten Mal im Alter von 3-6 Monaten bemerkbar und die Lebenserwartung ist sehr gering (frühes Kindesalter). Bei der Canavan Krankheit führt ein fehlendes Enzym zur Zerstörung der weissen Masse des Gehirns. Auch hier können die Kinder weder gehen, sitzen, sprechen, sehen schlecht und haben Mühe mit Schlucken. Die ersten Symptome zeigen sich im Alter von 3-6 Monaten und die Lebenserwartung ist ca. 10 Jahre. Auch beim Zellweger Syndrom führt ein defektes Gen zu einer Störung der Entwicklung des Gehirns.

Aber wie bereits erwähnt kommt es auch zu nichterblichen genetischen Krankheiten. Bei der Zellteilung kommt es dabei zu einem Fehler beim Chromosomensatz. Das wohl bekannteste Syndrom ist das Down-Syndrom (sogenannte Trisomie-21), bei dem anstelle zwei Chromosomen Nummer 21 drei davon vorkommen. Da die Behinderungen, die durch eine Trisomie 21 verursacht werden jedoch nicht so gravierend sind, dass die Betroffenen eine lebenslange, ständige und intensive medizinische Betreuung brauchen, leben nur wenige Kinder mit Down-Syndrom In ADI. Es gibt jedoch auch nichterbliche Syndrome mit einem schweren Verlauf, wie zum Beispiel das Rett-Syndrom. Bei diesem Syndrom kommt es progressiv zu Muskelschwäche. Die betroffenen Kinder lernen zum Teil gehen, verlieren diese Fähigkeit dann jedoch, können dann auch nicht sprechen, essen und am Schluss auch nicht mehr eigenständig atmen. Im Allgemeinen ist eines der grössten Probleme der Bewohner von ADI, dass sie zunehmend Mühe mit Atmen haben. Sei dies, da sie unter Muskelschwäche leiden oder weil sich mit der Zeit Flüssigkeit in den Lungen ansammelt auf Grund der ständigen Sitzposition und einem erhöhten Risiko von Atemwegsentzündungen.

Unfälle und Krankheiten

Die letzte Gruppe der ADI Bewohner hat wohl die tragischste Geschichte. Es handelt sich dabei um Unfälle und Krankheiten, die in vielen Fällen hätten vermieden werden können. Diese Kinder werden gesund geboren. Viele Fälle von Ertrinken sind dabei zu nennen. Die Kinder werden reanimiert, doch das Gehirn bleibt geschädigt. Auch Ersticken an Nahrungemitteln fällt in diese Kategorie. In einigen Fällen kam es zu gewöhnlichen Virusentzündungen, wobei die Kinder nicht rechtzeitig ins Spital gebracht wurden. Auf Grund von Flüssigkeitsmangel oder hohem Fieber kam es zu Krampfanfällen, die das Gehirn schädigten.  Für diese Kinder gibt es keine Prognosis. Mit der Zeit verschlechtert sich ihr Zustand, jedoch kann man keine Lebenserwartung angeben. Und obwohl dies sehr traurige Fälle sind, ist es jedoch wichtig, im Auge zu behalten, dass diese Kinder fühlen und spüren. Sie nehmen war, was um sie herum passiert und brauchen besonders viel Zuwendung.

Bei ADI sind Pfleger, Ärzte und Freiwillige dazu entschlossen, diesen Kindern und jungen Erwachsenen ein möglichst angenehmes, erfülltes Leben zu bieten. Unsere Kinder sind auf die Hilfe anderer angewiesen. Ihre Behandlung kostet Millionen, doch ohne die intensive Pflege würden diese Kinder leiden. ADI sorgt dafür, dass es nicht dazu kommt und gibt den betroffenen Familien Hoffnung.

Helfen Sie uns dabei, ADIs Kindern mehr Grund zum Lachen zu geben

Wir verändern die Leben von schwerbehinderten Kindern in Israel zum Guten - und Sie können das auch tun! Unterstützen Sie eines unserer Projekte, und Sie werden es unseren Kindern ermöglichen, trotz der Schwere ihrer Behinderungen, ein qualitatives und bedeutungsvolles Leben zu führen.