Hinter jedem Gesicht steckt eine Person

In einer der ersten Wochen habe ich über die Bedeutung des Lebens reflektiert. Dieses Thema hat mich lange sehr stark beschäftigt. Jetzt, einige Wochen später, kann ich sagen, dass die Arbeit in ADI und das Nachdenken über die Bedeutung des Lebens meine Ansicht sehr verändert haben. Ich schätze mein eigenes Leben viel mehr, als ich es davor getan habe. Das Leben ist rein, das Leben ist wunderschön und vor allem ist Leben sehr verletzlich. Als ich die Reflexion über die Bedeutung des Lebens geschrieben habe, konnte ich noch nicht sehen, was Leben für die behinderten Kinder in ADI bedeutet. Jedoch habe ich in den letzten paar Wochen gelernt hinter das Problem und die Behinderung der Kinder zu schauen und zu sehen, wer sie wirklich sind.

Ein Kollege hatte mich mal gefragt, ob ich etwas länger arbeiten und mich um einen Jungen kümmern könnte, der an diesem Tag erst in ADI angekommen ist. Ich bin also länger geblieben und hab mich um diesen extrem süßen 2 jährigen Jungen gekümmert, der überhaupt nicht in der Lage war zu kommunizieren. Ich hab ihn versorgt und ihn ins Bett gebracht. Um es ihm möglichst angenehm zu machen in seinem neuen Bett in einer völlig neuen Umgebung, hab ich auf Niederländisch etwas mit ihm gesprochen und seinen Kopf gestreichelt. Er hat sich beruhigt und ist eingeschlafen, genauso wie ein „normales“ Kind. Da habe ich wieder einmal realisiert, dass diese Kinder in vielen Dingen nicht anders sind.

Am Anfang meines Praktikums musste ich sehr viel lernen und ich fand es emotional sehr schwierig. Aber nach ein paar Wochen hab ich mich sehr viel wohler gefühlt bei der Arbeit mit meinen Kollegen und bei der Pflege der Kinder. Ich hab angefangen auf Niederländisch mit den Kindern zu reden, weil ich kein Hebräisch kann und sie kein Englisch sprechen beziehungsweise verstehen. Ich erzähle ihnen, was ich mache oder Dinge über mich selbst und mein Leben. Ein paar der Kinder reagieren auf das, was ich sage (auf ihre ganz eigene Art) und die anderen reagieren überhaupt nicht. Aber das ist nicht so wichtig, es fühlt sich sehr gut an mit ihnen zu reden!

Ich hab später herausgefunden, dass der Junge mit seinen Augen kommunizieren kann. Ich hab gelernt, was „ja“ und was „nein“ heißt. Ich war sehr begeistert darüber, dass dieser süße kleine Junge in der Lage ist zu kommunizieren! Er weiß genau, was er will und das hat mir einmal mehr gezeigt, dass da eine Persönlichkeit hinter dem behinderten Körper steckt.

Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass wir als Krankenschwestern und Pfleger lernen die kleinen Dinge zu sehen; ein Lächeln, ein Stoß eines Kindes, das etwas nicht mag, die Art, wie sie dich anschauen… All diese Dinge zeigen mir, dass wirklich eine Person in diesem behinderten Körper steckt. Vielleicht sind sie nicht „normal“, aber sie sind alle kleine Personen. Persönlichkeiten, die Hilfe und viel Liebe brauchen. Meine Aufgabe ist es, mich um sie zu kümmern und ihr Leben so bedeutungsvoll und angenehm wie möglich zu machen.

Ich saß mit einem der Kinder zusammen, dass seine Medizin durch einen Inhalator bekommt. Sie nimmt gerne mal die Maske ab, weshalb immer jemand bei ihr sitzen muss, um das zu verhindern. Sie schaute mich an, als ob sie sagen würde, „Ich kenne dich nicht“. Ich hab ihr auf Niederländisch erklärt, wer ich bin, woher ich komme und warum ich hier in ADI bin. Dann schaute sie mich an, als hätte sie alles verstanden, was ich gesagt hab. Natürlich weiß ich, dass sie nicht wirklich verstanden hatte, was ich gesagt habe, aber meine Stimme und mein Lächeln scheinen sie genug beruhigt zu haben. Sie hat meine Hand genommen, meine lackierten Nägel angeschaut und angefangen mit meiner Hand zu spielen. So saßen wir da für etwa 15 Minuten. Diese Kinder als echte Persönlichkeiten zu betrachten, verändert deine Einstellung ihnen gegenüber erheblich und du lernst sie wirklich kennen.

Geschrieben von Julia Burgers ein niederländischer Praktikant “Global Nursing” bei ADI in Jerusalem.

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