Ich bin Nachfahrin von Tätern im Holocaust

„Hallo. Mein Name ist Lynn-Scharon Huber, ich bin 18 Jahre alt und Nachfahrin von Tätern im Holocaust.“ So beginnt Lynn ihre Ansprache bei einem Event in Ofakim, Israel zu Ehren des Holocaustgedenktages 2022. Das Tageszentrum für Senioren ist voll mit Gästen aus Ofakim und Umgebung; die Ehrengäste sind 40 Holocaustüberlebende, die nach Ende des Zweiten Weltkrieges auf die eine oder andere Weise ihren Weg nach Israel gemacht hatten. So lebte ein Holocaustüberlebender aus Tunesien als Kind in Sousse und litt unter dem Terror der SS; er erzählte, dass er sich so lange verstecken musste bis die britischen Alliierten den Ort befreiten.

Lynn und ihre drei Mitfreiwilligen kamen alle nach ihrem Abitur nach ADI Negev-Nahalat Eran, um mit Kindern und Erwachsenen mit schweren multiplen Behinderungen zu arbeiten. Ihre Entsendeorganisation „Marsch des Lebens“ steht für das Erinnern an den Holocaust, die persönliche Verantwortung und die Unterstützung des jüdischen Volkes und des Staates Israel, und die jungen Frauen stehen 100% dahinter.

„Mein Urgroßvater mütterlicherseits war Teil der Wehrmacht und vor Allem im Osten Europas tätig. Er war verantwortlich für die Essensversorgung der Truppen. Das klingt zwar erstmal nicht so schlimm, aber wenn man genauer hinschaut, wird schnell klar, dass er sich aktiv daran beteiligte, von in seinen Augen „unwürdige Menschen“ Nahrung zu stehlen und wenn es nötig war sie auch umzubringen. Mein Urgroßvater war also ein Dieb, ein Plünderer und Mörder.“

Ihre eigene Geschichte ist für Lynn nicht neu, und doch, die Erfahrung sie vor Menschen zu erzählen, die auf der Opferseite von ihrem Urgroßvater waren, hat sie sehr bewegt.

„Mein Urgroßvater väterlicherseits ist in einem kleinen „volksdeutschen“ Dorf in Ungarn aufgewachsen. Zu Beginn des 2. Weltkrieges ist er nach Deutschland gegangen um sich freiwillig zur SS zu melden, da er von der Nazi-Ideologie überzeugt war. Seine Position in der SS nannte sich „Funker und Späher“. Er war instrumental dafür, dass Panzerangriffe möglichst effektiv waren und es so viele Opfer wie nur möglich gab.“

Die Atmosphäre war verständlicherweise bedrückt, und viele der anwesenden Gäste waren von Lynns Aufrichtigkeit sehr berührt.

„Ich selbst kann nur sagen, dass ich zutiefst erschüttert bin über die Schuld meines Landes und die Schuld meiner eigenen Familie“ sagte die junge Frau unter Tränen. „Ich möchte mich aus tiefstem Herzen entschuldigen, und obwohl ich weiß, dass ich die Vergangenheit nicht ändern kann, bin ich hier, weil ich sicherstellen möchte, dass so etwas nicht noch einmal passiert. Dies ist einer der Gründe, warum ich mich ehrenamtlich für Kinder mit Behinderungen in ADI Negev – Nahalat Eran einsetze. Ich liebe Israel und das jüdische Volk, es ist wichtig, dass wir uns hier gemeinsam gegen den Antisemitismus stellen.“

Im Anschluss an die persönlichen Geschichten der ADI-Freiwilligen zündeten sie gemeinsam mit den Gästen 6 Kerzen an, zum Gedenken an die Ermordung von 6 Millionen Juden.  Alle Anwesenden bekamen eine Blume und einen Magneten mit dem Motto der Veranstaltung „United to be a Light“ [eng: vereint, um ein Licht zu sein], und die Veranstaltung endete auf einer sehr positiven Note – mit dem Singen der israelischen Nationalhymne „HaTikva“.

Vielen Dank an den „Marsch des Lebens“ und die jungen Frauen für ihren Mut, ihre Offenheit und ihre Unterstützung des jüdischen Volkes, von Israel und von Menschen mit schweren multiplen Behinderungen in ADI Negev-Nahalat Eran.

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